Charlie, der sanftmütige
Bär
Charlie war ein Fundhund aus Spanien, der vermutlich zwischen
7 und 9 Jahre alt war. Er wurde irgendwo auf einer Straße in der Nähe von
Torredembarra, das südlich von Barcelona liegt, aufgegriffen. Er war ein
paar Monate im Tierheim bevor er am 25. Februar 2012 zu uns kam. Wie es in
Spanien so üblich ist, hatte er wohl sein Leben in einem Zwinger
verbracht. Dabei hat er wahrscheinlich immer davon geträumt, auch einmal
durch die Tür, durch die die Menschen immer liefen und hinter der sie
verschwanden, gehen zu dürfen. Und irgendwann ist sein Traum tatsächlich
wahr geworden. Nur eben 1000 km weiter - denn als er zum ersten Mal vor
unserer Wohnungstür, die gleichzeitig auch Haustüre ist, stand, wurde er
plötzlich ganz aufgeregt, und als wir nicht sofort unseren Schlüssel in
der Tasche fanden, versuchte er immer wieder die Tür mit seiner Schnauze
aufzustoßen. Als er endlich in die Wohnung rein konnte, ist er überall
herumgerannt und hat jeden Raum bis in den letzten Winkel abgeschnuppert.
Noch Monate später zeigte er diese Freude wenn wir nach Hause kamen und er
durch die Wohnungstüre laufen durfte. Er wollte dann immer den Rest des
Rudels, das noch in unserer Einfahrt herum schnupperte, mit einer
ausladenden Kopfbewegung in Richtung Wohnungstüre davon überzeugen,
möglichst schnell zu kommen so nach dem Motto: schaut doch mal, wie klasse
das da drin ist.
Charlie lebte sich sehr schnell bei uns ein und
man spürte, wie wohl er sich auch mit unseren anderen Hunden fühlte. Dabei
ging er keinem Streit aus dem Weg. Er stellte sich einfach zwischen die
Kontrahenten, schaute sie von der Seite her an und schon kehrte Ruhe ein.
Diese Erfahrung mussten sogar fremde Hunde machen, die ihn gar nicht
kannten.
Des Nachts muss er wohl, bevor er ins Tierheim kam, öfters
allein unterwegs gewesen sein. So war er eines Tages nach einem
abendlichen Spaziergang, als wir uns nach ihm umdrehten, einfach in die
Dunkelheit entschwunden. Nach eineinhalb Stunden, hatte er sich dann
wieder in unserem Garten eingefunden. Wir selbst hatten in der
Zwischenzeit den halben Ort nach ihm abgesucht. Monate später ist er
bei einem abendlichen Spaziergang einfach in den Wald abgehauen. Wir
wohnen in der Rheinebene und gehen oft im Odenwald, der sich direkt
hinterm Ort erhebt, spazieren. Es war eine kalte regnerische Nacht und wir
haben sieben Stunden nach Charlie gesucht. Letztendlich saß er auch
diesmal irgendwann wieder in unserem Garten und war total glücklich uns
wieder zu sehen. Wie er den Weg vom Odenwald zu uns in die Ebene herunter
gefunden hat, ist uns bis heute ein Rätsel. Er war den Weg nie zu Fuß
gegangen und es waren über 7 km nach Hause. Wir dachten damals ihn nie
wieder in der Dunkelheit frei laufen lassen zu können, doch Charlie hatte
aus dem Ereignis gelernt, denn er achtete seither stets darauf, uns nicht
mehr aus den Augen zu verlieren.
So lebte er zufrieden mit sich und
seiner Welt. Wir haben noch einen herrlichen Urlaub im September in der
Bretagne miteinander verbracht, indem sich Charlie eifrig als Mövenjäger
versuchte.
Alles war gut, doch eines Abends im April 2013 wollte er
nichts mehr fressen. Charlie bekam Durchfall und war müde und schlapp. In
der Tierklinik wurde dann ein Erguss am Herzbeutel festgestellt. Als
wenige Tage später
noch ein Thoraxerguss hinzukam, wurde die Prognose für
ihn immer schlechter. Tatsächlich wurden auch Tumorzellen gefunden. Er
hatte ein Karzinom am Herzbeutel. Dank Kortison und einer
homöopathischen Behandlung bei einer speziellen Tierärztin, die sein
ganzes System stabilisieren konnte, hat er noch ein paar Wochen
durchgehalten bis es dann am 13. Mai 2013 nicht mehr ging. Er hat uns in
all den Wochen seiner Erkrankung immer wieder gezeigt, dass er noch
bleiben und kämpfen will, doch an diesem Tag waren seine Signale eindeutig
und so sind wir den letzten Schritt mit ihm gegangen.
Charlie war
von seinem Wesen her ein lieber, großer, dicker Bär. Für ihn waren
Aggression, Neid oder Eifersucht Fremdwörter. Er hatte ein Leuchten in den
Augen und ein Lachen um den Mund, dem die Menschen nicht widerstehen
konnten. Wir haben trotz seiner imposanten Größe und seinem überwiegend
dunklen Fell nie erlebt, dass irgend jemand vor ihm Angst hatte. Es war
eher das Gegenteil der Fall – viele Menschen sind auf ihn zugegangen und
er erntete mehr Streicheleinheiten als alle unsere anderen Hunde. Er hatte
eine Ausstrahlung, die einfach nur liebenswert war und die die Menschen
anzog. Irgendwie war er eine alte weise Seele, die trotz ihrer Erfahrungen
vollkommen ungebrochen war. Es tut uns immer noch furchtbar weh, ihn
verloren zu haben. Wir können seinen Tod immer noch gar nicht richtig
fassen und sind untröstlich. Noch dazu haben uns die Wochen seiner
Erkrankung viel Kraft gekostet. Doch wir spüren jetzt schon, dass die Zeit
mit ihm, auch wenn es nur knapp 15 Monate waren, sehr kostbar war und wir
wollen sie trotz unseres Schmerzes nicht missen. Er hat uns mit seinem
Wesen glücklich gemacht, und wir wissen und spüren, dass er auch glücklich
bei uns war. Er war einfach unendlich dankbar, bei uns sein zu dürfen und
dies hat er uns ganz oft gezeigt. Charlie war wirklich in jeglicher
Hinsicht ein Geschenk des Himmels und so wie er dankbar war, sind auch wir
dankbar dieses Geschenk bekommen zu haben.
Machs gut, unser lieber
süßer dicker Bub! Du wirst immer in unseren Herzen bleiben und wir werden
dich nie vergessen! Dein Rudel Roswitha Mani Aisha Sammy Timmy
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